Anwaltliche Tätigkeit kann sehr vielfältig sein. In einem jetzt vom Oberlandesgericht München entschiedenen Fall betätigte sich einer Rechtsanwalts-GmbH gewerblich als Handelsvertreter für den Betreiber eines Biomassekraftwerks hinsichtlich des Ankaufs von Holzhackschnitzeln.

Gemischter Handelsvertreter- und Rechtsdienstleistungsvertrag

Wie es dazu kam, bleibt im Dunkeln, jedenfalls schienen die Anwälte ausgewiesene Experten auf diesem Gebiet zu sein. Und so ganz nebenbei konnten sie auch noch ihre juristischen Kenntnisse in die Geschäftsbeziehung einbringen. Zwischen beiden Parteien gab es nämlich ein umfangreiches Vertragswerk, in dem einerseits die Verpflichtungen der Rechtsanwalts-GmbH hinsichtlich der Hackschnitzel-Lieferungen vereinbart wurden, andererseits aber auch juristische Tätigkeiten bezüglich der zugehörigen Lieferverträge und Regelungen hinsichtlich der Vergütung für sämtliche Tätigkeiten, die sich insbesondere am ausgehandelten Einkaufspreis der Hackschnitzel orientierte.

Nach Jahren gedeihlicher Zusammenarbeit kam es dann zu Streitigkeiten, gegenseitigen Kündigungen, und gegenseitigen Schadensersatz- bzw. Handelsvertreterausgleichsforderungen. Landgericht und Oberlandesgericht hatten sich dann in diesem Zusammenhang primär mit der Frage zu beschäftigen, ob ein solcher gemischter Vertrag, bestehend aus Handelsvertreterleistungen und Rechtsdienstleistungen, überhaupt möglich war.

Das berufsrechtliche Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen

Im Ergebnis hat das Oberlandesgericht schließlich sämtliche Ansprüche zurückgewiesen, weil es den gesamten Vertrag als nichtig betrachtete. Nach § 134 BGB ist ein Vertrag in der Regel dann nichtig, wenn wesentliche Regelungen des Vertrages gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen.

Inwieweit es rechtlich problematisch war, dass eine Rechtsanwalts-GmbH gewerblich Hackschnitzel vertreibt, hat das Gericht noch offen gelassen. Allerdings sah es das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen verletzt. Einem Rechtsanwalt nämlich ist es untersagt, verschiedene Mandanten zu vertreten, die entweder konträre, oder zumindest hypothetisch im Detail abweichende Interessen haben können.
In dem vorliegenden Fall vertrat die Rechtsanwalts-GmbH zwar nur den Betreiber des Biomassekraftwerks hinsichtlich der Gestaltung von Lieferverträgen in rechtlichen Belangen. Dennoch war das Gericht der Meinung, dass im Rahmen der Aushandlung der Lieferverträge Interessengegensätze zum Tragen kamen. Einerseits entsprach es dem Interesse der Anwälte, möglichst günstige Einkaufspreise zu erzielen, um selbst möglichst Provisionen zu erhalten. Andererseits entsprach das aber nicht zwingend dem Interesse des Biomassekraftwerksbetreibers, denn günstige Produkte sind keineswegs immer die besten, und auch hinsichtlich einer nachhaltigen Lieferbeziehung oft nachteilhafter, wie das Gericht aus eigener Sachkunde zu referieren wusste.

Anwaltliche Leistung mit Vertriebstätigkeit untrennbar verknüpft

Weil nun die Rechtsanwalts-GmbH im Rahmen des Aushandelns der Verträge zum einen die eigenen Provisionsinteressen, zum anderen die nachhaltigen wirtschaftlichen Interessen des Vertragspartners zu vertreten hatte, ergab sich daraus nach Ansicht des Gerichts ein entsprechender Verstoß gegen das genannte, sich aus dem anwaltlichen Berufsrecht ergebende Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen.

Zwar haben beide Interessen nichts mit der eigentlichen rechtsanwaltlichen Dienstleistung zu tun, sie seien jedoch untrennbar in dem gesamten Vertragswerk mit den anwaltlichen Dienstleistungen verknüpft, so dass die diesbezüglichen Vorschriften des anwaltlichen Berufsrechtes auch auf die gewerblichen Tätigkeiten der Rechtsanwalts-GmbH anzuwenden seien.

Ein rechtlich äußerst komplexer, inhaltlich eher skurriler Fall, der zeigt, dass Rechtsanwälte vielleicht doch eher auf die Einhaltung ihrer Berufspflichten achten, als sich zu sehr im gewerblichen Bereich mit Vertriebstätigkeiten beschäftigen sollten.

 

OLG München, Az. 7 U 4279/13, Urteil vom 29.10.2014

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