Der BGH musste jetzt in einem aktuellen Urteil seine Rechtsprechung zur Frage der Sittenwidrigkeit und zur Frage eines besonders groben Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung präzisieren und äußerte sich außerdem dazu, inwiefern einer finanzierende Bank hinsichtlich der Überhöhung des Kaufpreises einer Immobilie Beratungsverpflichten zukommen.

Hintergrund war ein Fall, in dem eine Person eine Eigentumswohnung erwarb, die sich im Nachhinein als deutlich überteuert (ca. 84 % über dem Verkehrswert) erwies.

Als zu einem späteren Zeitpunkt der Käufer seine Darlehensverbindlichkeiten bei der finanzierenden Bank nicht mehr bediente, wollte die Bank angesichts der Absicherung des Darlehens durch eine Belastung der Eigentumswohnung in diese Wohnung vollstrecken. Gegen diese Vollstreckung wandte sich der Käufer der Wohnung mit dem Argument, der Kaufvertrag sei wegen der Überteuerung sittenwidrig gewesen, die Bank habe dies gewusst, habe ihn nicht darauf hingewiesen, und dürfe daher nicht wegen der rückständigen Darlehensraten die Zwangsversteigerung der Wohnung betreiben.

Sittenwidrig ist ein Immobilienkaufvertrag dann, wenn der Kaufpreis in einem „auffälligen Missverhältnis“ zum tatsächlichen Wert der Wohnung steht und zusätzliche moralisch vorwerfbare Gesichtspunkte bei der Intention des Verkäufers hinzukommen.

Wenn der Kaufpreis nicht nur auffällig überhöht ist, sondern sogar in einem „besonders groben Missverhältnis“ steht, bedarf es in der Regel nicht des Nachweises einer zu einer zusätzlichen verwerflichen Gesinnung des Verkäufers. In einem solchen Fall wird grundsätzlich vermutet, dass der Verkäufer täuschen wollte. Der Bundesgerichtshof hat in dem vorliegenden Fall klargestellt, dass ein besonders grobes Missverhältnis dann vorliege, wenn der Kaufpreis um knapp 100 % oder mehr überhöht sei. Im vorliegenden Fall jedoch stellte er sich lediglich als um 84 % überhöht heraus, so dass es des Nachweises einer besonders verwerflichen Gesinnung des Verkäufers bedurft hätte. Da es dem Käufer jedoch nicht gelungen war, eine gezielte Täuschungsabsicht oder eine verwerfliche Gesinnung des Verkäufers nachzuweisen, konnte der Bundesgerichtshof den Vertrag nicht als sittenwidrig beurteilen.

Zusätzlich hätte sich der Käufer aber sowieso gegenüber der Bank hierauf nicht berufen können, weil eine Bank keinerlei Verpflichtung habe, Untersuchungen über den Wert einer Immobilie anzustellen und seinen Bankkunden entsprechend zu belehren. Es sei allein Sache des Käufers einer Immobilie, herauszufinden, ob er einen günstigen oder besonders ungünstigen Kauf tätige. Die finanzierende Bank hafte allenfalls dann, wenn sie positive Kenntnis von der deutlichen Überhöhung des Kaufpreises gehabt, und dem Käufer dies gezielt verschwiegen habe.

BGH, Az. XI ZR 508/12, Urteil vom 10.12.2013

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