Abgesehen von der wohl unaufhaltbaren wirtschaftlichen Rezession infolge der erheblichen Einschränkungen des öffentlichen Lebens stellt sich die Frage der Mietzahlung für Gewerberäume mit aller Härte dort, wo der Einzelhandel und die Gastronomie betroffen sind. Denn diese Räumlichkeiten dürfen über einen längeren Zeitraum für den ursprünglichen Mietzweck, nämlich das Betreiben des entsprechenden Gewerbes, im Wesentlichen überhaupt nicht genutzt werden.

Einschränkung des gesetzlichen Kündigungsrechts des Vermieters

Um insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, aber auch um die Wirtschaft insgesamt zu entlasten, enthält das heute im Bundestag beschlossene  Gesetzespaket unter anderem auch eine Regelung zum Miet- und Pachtrecht („Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“, Art. 5). Die Regelung besagt, dass ein Vermieter wegen Mietrückständen, die in den Monaten April bis Juni 2020 entstanden sind, nicht kündigen darf. Das führt dazu, dass das Recht zur fristlosen, als auch zur ordentlichen Kündigung wegen Vertragsverletzungen zumindest nicht auf diese Mietrückstände gestützt werden darf. Kündigungen aus anderen Gründen sind weiter ohne Einschränkungen möglich. Zwar führt die Regelung nicht dazu, dass der betreffende Mieter keine Miete zahlen muss, er braucht aber nicht mit den schlimmen Folgen einer Kündigung zu rechnen. All das steht unter der Bedingung, dass die Ursache für die ausgebliebenen Mietzahlungen in der Corona-Krise liegt. Dies muss der Mieter zumindest plausibel begründen.

Es handelt sich also hierbei nicht um eine Regelung zur Verringerung der Miete. Irgendwann müssen diese Mieten also bezahlt werden, der Vermieter könnte sie theoretisch sogar einklagen, er kann eben nur nicht kündigen. Dieser Ausschluss des Kündigungsrechts gilt bis Mitte 2022. Das bedeutet, dass diejenigen Mietrückstände, die aus den oben genannten Monaten herrühren, zumindest bis 2022 nicht Grund für eine Kündigung sein dürfen. Der Mieter hat also die Möglichkeit, die Rückstände dann im Laufe der kommenden zwei Jahre wieder aufzuholen. Diese Regelung gilt im Übrigen nicht nur für das Gewerberaummietrecht, sondern auch für das Wohnraummietrecht.

Mietminderung oder Mietreduzierung auf Null

Die beschriebene Sonderregelung, die der Gesetzgeber anlässlich der Corona-Krise einführt, berührt jedoch nicht die Frage, ob und wie viel Miete grundsätzlich geschuldet ist. Die normalen Regelungen des Mietrechtes, z.B. Mietminderung, werden also nicht angetastet.

Es fragt sich daher, ob ein Gewerberaummieter, der aufgrund einer öffentlichen Anordnung sein Ladenlokal überhaupt nicht nutzen kann, nicht möglicherweise von vornherein überhaupt keine Miete zahlen muss. Grundsätzlich ist es im Mietrecht so, dass stets geschaut werden muss, in wessen Risikosphäre bestimmte Ereignisse fallen. Die Frage, ob ein Gewerberaummieter sein Gewerbe betreiben darf, fällt eindeutig in den Risikobereich des Mieters. Daher ist es normalerweise kein Grund für eine Mietminderung, wenn einem Mieter das Betreiben seines Gewerbes untersagt wird. Im vorliegenden Fall jedoch geht es nicht um Umstände, die aus dem Verantwortungsbereich des Mieters kommen, sondern um eine Pandemie, die die gesamte Gesellschaft betrifft. Dies dürfte unter dem häufig verwandten Begriff der „Höheren Gewalt“ (Force Majeure) zu subsumieren seien. Da stellt sich dann schon die Frage, ob nicht möglicherweise ausnahmsweise doch die Zahlung zur Mieterpflicht ganz entfällt.

Gerade in Mietverträgen, in denen ein ganz bestimmter Mietzweck geregelt ist – beispielsweise das Betreiben eines ganz konkreten Gewerbes, vielleicht sogar unter einer ganz bestimmten Marke -, kann man darüber hinaus auch argumentieren, dass dieser gerade nicht realisiert werden kann. Aufgrund des so genannten „Zweckfortfalls“ müsste dann ebenfalls keine Miete mehr gezahlt werden.

Das sind allerdings alles rechtliche Fragen, die derzeit unter Juristen diskutiert werden, über die es aber keine vergleichbare Rechtsprechung gibt. Denn eine solche Situation wie derzeit hat es in der Geschichte der Bundesrepublik bisher nicht gegeben.

Anpassung oder Wegfall der Geschäftsgrundlage

Schließlich gibt es auch noch das Rechtsinstitut des „Wegfalls oder der Anpassung der Geschäftsgrundlage“. Dahinter steht der Gedanke, dass eine bestimmte Situation, die nun eingetreten ist, bei Vertragsschluss ursprünglich nicht bedacht wurde, die aber, wäre sie bedacht worden, eine passende Regelung gefunden hätte. Hier könnte man ebenfalls argumentieren, dass dann, wenn beide Mietvertragspartner bei Vertragsunterzeichnung an die Möglichkeit einer Pandemie gedacht hätten, hierfür bestimmte Regelungen vereinbart hätten. Kommt man zu dem Ergebnis, dass dies möglicherweise zutrifft, so ist zunächst an eine Anpassung des Vertrages zu denken. Nur im äußersten Fall käme gar eine Auflösung des Vertrages in Betracht. Auch hier gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung diese Grundsätze des „Wegfalls der Geschäftsgrundlage“ nur in absoluten Ausnahmefällen anerkennt. Dass dies bereits bei einer zwei- bis dreiwöchigen Betriebsunterbrechung der Fall ist, kann bezweifelt werden. Nach mehreren Monaten aber sähe es vielleicht schon anders aus.

Bei der Frage, ob möglicherweise eine Mietreduzierung in Betracht kommt, müsste aber z.B. auch berücksichtigt werden, dass viele Gastronomen zwar ihr Restaurant nicht öffnen dürfen, dennoch aber einen Lieferservice aufrechterhalten. Die Räumlichkeiten werden daher sehr wohl zum Kochen und für die gesamte Logistik genutzt. Eine größere Mietreduzierung käme dann schon alleine aus diesem Grunde wohl eher nicht in Betracht.

Praxishinweise

Aus den vorhergehenden Erwägungen ergibt sich, dass mit Ausnahme der eigens für die derzeitige Situation neu geschaffenen Regelung des Kündigungsausschlusses vieles unklar ist.

Daher empfiehlt sich auf jeden Fall zunächst einmal das gemeinsame Gespräch von Mieter und Vermieter, in dem möglicherweise schon eine sinnvolle Regelung gefunden werden kann. Denn schließlich dürfte den wenigsten Vermietern daran liegen, dass Mieter in die Insolvenz fallen.

Die faktische Möglichkeit, in den nächsten Monaten zunächst einmal erst keine oder nur weniger Miete zu zahlen, weil ja zumindest keine Kündigung droht, führt auch dazu, dass zunächst einmal etwas Zeit gewonnen ist. Diese Zeit dient natürlich einerseits dem Liquiditätsgewinn, andererseits aber auch dazu abzuwarten, wie sich die rechtliche Situation und Beurteilung, möglicherweise auch durch erste Gerichtsentscheidungen, entwickelt.