Vertragsabschlüsse im Internet über die europäischen Staatsgrenzen hinweg sind heute nichts besonderes mehr. Gerade im Bereich des Warenverkehrs besteht für den Verbraucher keinerlei Anlass, ausschließlich auf deutsche Anbieter zurückzugreifen, wenn die Ware sowieso per Post geliefert werden muss. Aber auch bei Dienstleistungen sind grenzüberschreitende Verträge keine Seltenheit. Wenn es später zum Streit zwischen den beiden Parteien kommt, greift das europäische Kollisionsrecht, wenn es darum geht, welche Gerichte zuständig sind, und welches Recht angewandt werden muss.

Grenzüberschreitender Maklervertrag

In einem jetzt vom Bundesgerichtshof behandelten Fall ging es um ein nahe der niederländischen Grenze, im Niederrhein-Städtchen Kleve, ansässiges Maklerunternehmen, welches Immobilien, unter anderem im Kreis Kleve, im Internet anbot.
Ein Interessent, seinerzeit noch wohnhaft in den Niederlanden, hatte Interesse, schloss im Rahmen der Online-Kommunikation einen Maklervertrag, und später auch einen Kaufvertrag bezüglich der vom Makler angebotenen Immobilie ab. Wegen einer späteren Rückabwicklung des Kaufvertrages kam es dann zu Streitigkeiten um die Zahlung des Maklerlohns.

Zuständigkeit deutscher Gerichte?

Das deutsche Maklerunternehmen verklagte den niederländischen Maklerkunden zunächst vor dem Landgericht Kleve, später ging es dann zum Oberlandesgericht Düsseldorf und zum Bundesgerichtshof. Hauptstreitpunkt war zunächst die Frage der Zuständigkeit der deutschen Gerichte.

Gerichtsstand der vertragstypischen Leistung

Das Maklerunternehmen berief sich darauf, dass es in der entsprechenden EU-Verordnung (EuGVVO) für Dienstleistungen einen Gerichtsstand gebe, der immer dort läge, wo die vertragstypische Dienstleistung erbracht werde. Da das Maklerunternehmen seinen Sitz in Deutschland, und auch seine Vermittlungsleistung dort erbracht habe, müsse also der Weg zu deutschen Gerichten eröffnet sein.

Besonderer Verbrauchergerichtsstand

Anders jedoch sah dies der niederländische Maklerkunde, anders sah dies auch der Bundesgerichtshof. Zu Gunsten von Verbrauchern gibt es nämlich Sondervorschriften hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit europäischer Gerichte.
Als Verbraucher wird behandelt, wer Geschäfte abwickelt, die in keiner Weise einen Bezug zu einer eigenen selbstständigen und gewerblichen Tätigkeit aufweisen. Für einen solchen Verbraucher gilt der Gerichtsstand des Heimatlandes als zuständig, wenn auch der gewerbetreibende Vertragspartner in dem entsprechenden Land sitzt, oder aber zumindest seine Tätigkeit auf dieses Land hin ausrichtet.

Ausrichtung der Geschäftstätigkeit auf ein anderes Land

Genau dieses letzte Kriterium der Ausrichtung der Maklertätigkeit auf die Niederlande war der entscheidende Streitpunkt in allen drei Instanzen.
Jemand richtet seine Tätigkeit auf ein anderes Land aus, wenn er in seinem gesamten Auftritt, in seiner Werbung, oder auch im Internetauftritt deutlich macht, konkret mit Verbrauchern in dem jeweiligen anderen Land Verträge abschließen zu wollen. Dafür reicht es nicht aus, wenn jemand überhaupt im Internet präsent ist. Denn eine Internetpräsenz führt zwangsläufig dazu, dass das jeweilige Unternehmen von überall her auf der Welt kontaktierbar ist.
Zusätzlich wird von der Rechtsprechung verlangt, dass der konkrete Inhalt des Auftritts so gestaltet ist, dass der Verbraucher in dem jeweiligen Land sich ganz konkret angesprochen fühlt. Ob dies im konkreten Einzelfall der Fall ist, muss das jeweilige Gericht unter Berücksichtigung aller Indizien entscheiden. Typischerweise geht es dabei um das Kriterium der Verwendung der entsprechenden Fremdsprache, um entsprechende Wegbeschreibungen, Hinweise auf andere Währungen usw.

Kriterien für eine Ausrichtung eines Internetauftritts auf ein anderes Land

In dem vorliegenden Fall hatte das Maklerunternehmen eine Internetseite, bei der man gezielt auch die holländische Sprache wählen konnte, der entsprechende Text war besonders orangefarben, typisch für die Niederlande, gestaltet. Auch gab es eine Anfahrtsbeschreibung von den Niederlanden aus.
All diese Kriterien führten dazu, dass der Bundesgerichtshof von einer Ausrichtung des Geschäftes des Maklerunternehmens unter anderem auch auf die Niederlande hin ausging.
Somit konnte sich also der Maklerkunde auf die Unzuständigkeit deutscher Gerichte berufen mit der Folge, dass das Maklerunternehmen nun den Instanzenzug erneut bei niederländischen Gerichten beginnen muss.

BGH, Az. I ZR 88/14, Urteil vom 15.01.2015