In Zeiten, in denen fast jeder zweite Verbraucher Vegetarier, Veganer oder Betroffener einer Glutenunverträglichkeit oder sonstigen Allergie zu sein scheint, erscheinen auf immer mehr Lebensmitteln entsprechende Angaben, die teilweise nicht notwendig sind, durch die sich die entsprechenden Unternehmen aber offensichtlich Wettbewerbsvorteile erhoffen. Genau solche Angaben aber sind in der Regel wettbewerbswidrig.
Monierung der Angaben durch die Behörde
Dies stellte zuletzt auch das Oberverwaltungsgericht NRW im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens fest, als das zuständige Veterinäruntersuchungsamt die Angabe „glutenfrei“ auf einer Packung Schinkenwürfel und auf einer verpackten Cervelatwurst monierte. Der Hersteller wehrte sich hiergegen zunächst vor dem Verwaltungsgericht und dann auch abschließend vor dem Oberverwaltungsgericht, beides jedoch ohne Erfolg.
Werbung mit Selbstverständlichkeiten ist irreführend
Im Rahmen des Prozesses wurde festgestellt, dass es sich bei den Schinkenwürfeln und bei der Cervelatwurst um Rohpökelware bzw. um Rohwurst handelt, die stets aufgrund ihrer Herstellungsart glutenfrei ist. Die Bezeichnung der Produkte als glutenfrei entspreche zwar der Wahrheit, erwecke jedoch den Eindruck, dass es sich um einen besonderen Vorzug der betreffenden Produkte gegenüber vergleichbaren Produkten handele. Da dies jedoch nicht der Fall sei, werde durch die Angabe „glutenfrei“ der durchschnittliche Verbraucher in die Irre geführt. Das Gericht hob hervor, dass eine solche Irreführung auch dann gegeben sei, wenn wie hier die Angabe „glutenfrei“ nicht in besonders hervorgehobener oder werbender Art und Weise erfolge, sondern schlicht im Rahmen der allgemeinen Informationen über die Zusammensetzung des Produktes. Im Ergebnis stellte das Gericht einen Verstoß gegen die EU-Lebensmittel-Informationsverordnung fest.
Verbraucherinformationen – Schutz oder Irreführung?
Die Entscheidung zeigt erneut, dass es stets ein schmaler Grat ist zwischen der umfassenden und vom Gesetzgeber durchaus gewollten Verbraucherinformation und einer Irreführung des Verbrauchers durch Angabe von Selbstverständlichkeiten. Dennoch ist der Entscheidung gerade im vorliegenden Zusammenhang zuzustimmen, weil in Zeiten eines sensiblen Umganges mit Lebensmitteln kein Missbrauch mit angeblichen Vorteilen betrieben werden sollte.
OVG Nordrhein-Westfalen, Az. 9 A 2719/19, Beschluss vom 25.05.2022